Unglaublich – bald ist schon wieder Ostern. Nur noch 70 Tage. Zumindest sagt das der Name des kommenden Sonntags: Septuagesimae. Man könnte meinen einer von vielen Sonntagen. Mitnichten, für mich ist jeder Sonntag ein besonderer Sonntag, weil er ein Ruhe-Tag ist.
Ruhe heißt für mich an erster Stelle so wenig wie möglich etwas unternehmen, auf keinen Fall Termine für wen oder was auch immer. Das Haus nur für den Gottesdienst verlassen oder für einen Spaziergang im Wald. Mehr kommt kaum in Frage. Für mich ist das dann ein besonderer Tag im Lauf der Woche.
Die wenigsten Kalender zeigen noch das Besondere des Sonntags: Jeder Sonntag hat einen eigenen Namen und eigene Prägung, mit Texten, Lesungen und Themen. Übrigens seit kurzem sind diese leicht zugänglich auf dem Smartphone mit der App „Kirchenjahr evangelisch“. Jeder Sonntag ist ein Höhepunkt im Laufe der Woche, beziehungsweise, um es richtig zu sagen, am Anfang der Woche.
Auch das zeigen die Kalender nicht mehr: die Woche beginnt mit dem Sonntag. Christen halten sich dabei in ihrer Wochenstruktur seit Anbeginn an die Schöpfungserzählung, jene, in der Gott die Welt in 6 Tagen schuf und am 7. Tag ruhte. Der 7. Tag aber ist der Sabbat und das ist unser heutiger Samstag. Wer einmal in Israel war, weiß, dass dort mit der Dunkelheit am Freitagabend der Ruhetag beginnt und am Samstagabend endet. Sonntags heißt es dort wieder: arbeiten, zur Schule gehen, Geschäfte machen. Die Christen aber beginnen die Woche mit Ihrem Ruhetag, weil Jesus an diesem Tag auferstanden ist. Jeder Sonntag ist deshalb ein Gedenktag an Ostern und zugleich an die Schöpfung – nicht nur 70 Tage vor Ostern.
Beide Motive – Schöpfung und Auferstehung – sind grundlegend für das christliche Leben und bedeuten für mich, dass wir unsere Lebenswelt gestalten und bewahren, achten und ehren, respektvoll betrachten und behandeln. Es bedeutet für mich auch nachhaltig mit unseren Mitmenschen und unserer Umwelt umzugehen, Hoffnung und Freude verbreiten, mit Mut die Dinge ändern, die zu ändern sind, nicht zuletzt alles tun, um die Welt und das Leben in ihr zu erhalten für uns, unsere Kinder und unsere Enkelkinder.
70 Tage vor Ostern – der morgige Tag kann uns daran erinnern, aus der Osterbotschaft heraus zu leben, Sonntag für Sonntag, Woche für Woche, Jahr für Jahr.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag.
Eckhard Hagemeier
Pfarrer am Gymnasium Porta