Er steht an der Straße und schreit – schreit nach Jesus. Er schreit, weil er nicht sehen kann. Bartimäus sieht in diesem Moment die Chance seines Lebens. Die Anderen fühlen sich gestört. Gestört von dem Geschrei, denn sie wollen Jesus für sich haben. Gestört, weil dieses Geschrei und der Anblick nicht in ihre Stimmung passen.
Beim Lesen dieser Geschichte, entstehen in meinem Kopf Bilder. Ich erahne, wie sich das für Bartimäus angefühlt hat hat. Schaue ich in die heutige Gesellschaft, sehe ich viele Menschen schreien. Sicherlich, sie wollen nicht sehend werden, aber sie wollen gesehen werden. Sie wollen gehört werden, sie wollen wahrgenommen werden. Bei diesen Personen geht es nicht nur um die, die am Rande stehen, sondern es geht durch alle Gesellschaftsschichten. Wir alle wollen doch gesehen werden, und wie viele werden übersehen. Bei der Mannschaftsaufstellung im Schulsport, am Sonntag in der Halle, bei der Besetzung einer freien Stelle, bei der Vergabe eine gute Aufgabe, in der Familie, auf der Arbeit oder im Verein.
Ja und wir haben oft genug das Gefühl, wer am lautesten ist, der bekommt die Aufmerksamkeit, die Rolle, die Stelle… was auch immer. Und wir möchten uns hinstellen und schreien – halt deinen Mund und warum? Weil wir Angst haben, selber nicht wahrgenommen zu werden.
Dieser Ruf geht schon durch die gesamte Geschichte der Menschheit und durch die mit Gott. „HERR erhöre mich“ ruft der Schreiber von Psalm 27,7. Diesen Ausruf finden wir in der Bibel an vielen Stellen.
Es ist der tiefe Schrei ins uns nach Beziehung, Wertschätzung und Anerkennung.
Von Gott ist an vielen Stellen in der Bibel überliefert, dass ER genau diese Sehnsucht erfüllt. Er sieht uns, er hört uns, er nimmt uns wahr, denn wir sind ihm wichtig.
Wir wünschen uns, es wäre so praktisch wie bei Bartimäus. Jesus hört ihn, sieht ihn und erhört seinen größten Wunsch, selber wieder sehen zu können. Wie cool wäre das.
Ich höre jedoch von Menschen, die diese Erfahrungen gemacht haben. Ich selber habe diese Erfahrung auch gemacht. Gott sieht mich, er nimmt mich wahr, ich komme zur Ruhe, ich erlebe Unterstützung.
Diese Erfahrung wünsche ich Ihnen. Vielleicht ist es eine Hilfe, dazu in eine Kirche zu gehen, vielleicht in einen Gottesdienst. Vielleicht wollen Sie es aber auch hinausschreien. Tun Sie es – Gott stört es nicht. Im Gegenteil, er hört leises und lautes Schreien.
Friedrich Kasten
Leiter von juenger unterwegs im Kirchenkreis Minden