Heute, Samstag, um 12 Uhr ruft die heimische Ev. Kirche zum Gebet für Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt in der Ratskirche St. Martini anlässlich der Wahl auf.
Denn letzte Woche zur Kundgebung mit 4000 Bürgern in Minden sprach in einem der gezeigten Videos ein 18 Jahre alter junger Mann für viele stellvertretend die Sorge aus,
dass die Freiheit seiner ersten Wahl vielleicht keine Zukunft mehr habe. Dabei nehmen alle Parteien für sich in Anspruch, für diese Freiheit zu stehen. Sogar jene, die unterstützt vom Diktator in Moskau der Unbarmherzigkeit superreicher neuer Machthaber der USA das Wort reden und ungeniert jüngst beim Anfeuern ihrer Spitzenkandidatin „A. für Deutschland“ mit der alten SS- Parole kokettieren.
Umso wichtiger ist die Besinnung darauf, woher Grundwerte der Freiheit im jüdisch-christlichen Abendland kommen, um der Bedrohung ihrer Feinde zu begegnen.
Das Bibelwort des morgigen Sonntags aus dem Buch Daniel im Alten Testament ist hier hilfreich: Wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsre Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.
Zur Geschichte des Volks Israels gehörte in schwierigen Zeiten immer die Selbstkritik.
Die Frage danach, was ist falsch gelaufen? Und die Demut, die es braucht, dass eine Macht hinter aller Schöpfung, größer als wir selbst, sich als barmherzig erweist. Ein gemeinsamer Gedanke im jüdisch-christlich-islamischen Dialog, den Pastor Brügmann bei seiner Verabschiedung neulich voranstellte und den die Fanatiker unter den Weltreligionen wie alle Extremisten missachten. Denn wer Fehler zugeben kann, in Demut die Hände faltet, der steht für eine andere Freiheit als jene, die selbstgerecht sich über andere stellen und Hass bis zur Gewalt säen. Im Klinikum Minden kommen die Menschen aller Herkunft zum Liegen und die sie pflegen stammen unter anderem aus Syrien, Afghanistan und Iran, retten dort jede Woche Leben, auch das von Kindern, ohne ins Fernsehen zu kommen wie jeder Gewalttäter. Die mangelnde Demut, die auf mediale Meinungen statt auf die mich umgebende Realität setzt, die den Selbstgerechten statt den Selbstkritischen nachläuft, gefährdet unsere Freiheit. Umso wichtiger braucht es das Gebet, das Beugen der Knie vor dem, der größer ist als wir selbst, dem wir Fehler anvertrauen, auf Barmherzigkeit hoffen, um sie selbst auch wieder zu weiterzugeben. Mögen wir in solcher barmherzigen Freiheit unseren Gemeinsinn wiederfinden und nächste Woche die richtige Wahl treffen.

Oliver Vogelsmeier
Pfarrer und Krankenhausseelsorger