„Okuli“, so heißt der kirchliche Name des morgigen Sonntags. Das heißt auf deutsch: Augen, und steht für das Zitat aus Psalm 25: „Meine Augen sehen stets auf den Herrn, denn Er wird meinen Fuß aus dem Netze ziehen.“
Wird er das wirklich?, fragen wir mehr oder weniger ungläubig. Angesichts einer Welt, die gerade ist, wie sie ist: Breitbeinige Despoten haben Konjunktur und versuchen die Welt unter sich aufzuteilen, und Deutschland taumelt am Abgrund und versucht seine Rolle neu zu (er-)finden zwischen Ampel-Aus, Wirtschaftskriegen, EU-Streit und „beleidigte-Leberwurst-Spielen“ im Bundestag.
„Allein,“ schreibt Reinhard Mey. „Wir sind allein. Wir kommen und wir gehen ganz allein. Wir mögen noch so sehr geliebt, von Zuneigung umgeben sein; die Kreuzwege des Lebens geh´n wir immer ganz allein. Allein.“ – Hat er recht?
Der biblische Hiob widerspricht: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er sich über dem Staub erheben.“
„Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung“, auch das ein Wort aus der jüdischen Tradition, das in der gegenwärtigen Politik keine Rolle mehr zu spielen scheint.
Erinnerung an Schuld und Untergang, aber auch Erinnerung an das, was Jesus uns gelehrt hat: Nicht nur das „Nie-mehr-allein-Sein“ (Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt!), sondern auch, dass alles, was Hass und Gewalt, Egoismus und Lieblosigkeit war, im Feuer verzehrt werden wird, alles aber, was Liebe war auf ewig bewahrt sein wird.
Und wenn wir darauf setzen und vertrauen, dann dürfen wir dem „Jungen, der an die frische Luft musste“, Hape Kerkeling dann doch hoffnungsfroh zustimmen. Nach dem Suizid seiner Mutter, der ihm schwer zu schaffen machte, liegt er abends wach, denkt über alles nach, was war, und plötzlich kommt ihm der Gedanke: „Vielleicht kann ja doch noch einmal etwas ganz Schönes kommen.“
Mit dieser Hoffnung kann man schon weiter gehen.

Volker Niggemann

Volker Niggemann

Pastor an St.-Matthäus, Rechtes Weserufer