
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Anders als man denkt…
Dieses volkstümliche Sprichwort ist den meisten bekannt. Man überlegt und plant, und dann kommt es doch anders. Manche Menschen werden nervös, wenn etwas nicht so läuft wie geplant. Schnell stellen sich Selbstzweifel und Frustration ein oder das Gefühl, versagt zu haben. Dabei müssen Planänderungen gar nicht an der Planung liegen. Oftmals kommen die Änderungen von woanders. Hier könnte es helfen, genau hinzuschauen und zu klären, was ist passiert, worüber ärgere ich mich, und wie findet man eine Lösung, im besten Fall auch gemeinsam?! Und wenn es richtig gut läuft, lernen wir aus diesen Situationen.
Christen erweitern und konkretisieren dieses Sprichwort: der Mensch denkt, Gott lenkt. Diese uralte menschliche Erfahrung schafft einen hilfreichen Umgang, wenn sich die Umstände ändern. Der Blick verändert sich, hin zu Gott, der mir hilft, meine Gaben und Fähigkeiten bestmöglich für mich und andere einzusetzen. Dieser Perspektivwechsel ist keine Garantie für permanentes Gelingen eigener Pläne. Er hilft mir bewusst zu machen, dass mein Anteil ein bedeutender, aber eben auch nur ein kleiner am großen Ganzen ist. Manchmal relativieren sich damit vermeintlich große, kaum lösbare oder überwindbare Probleme und Ansichten. Aber garantiert verändert es meine Sicht auf mich und meine Planung. Denn es entlastet, Verantwortung zu übernehmen und gleichzeitig abzugeben. Gott traut und mutet uns diese Erfahrung zu! Auch und gerade, wenn es mal anders läuft als geplant.

Stefan Nowak
Gemeindepädagoge, Ev.-Luth. St. Jakobus-Kirchengemeinde
Wo ist Gott?
Ist Gott bei denen in der Kirche? Ist er bei denen, die irgendwo weit entfernt große Erweckungen erleben, riesige Gottesdienste feiern? Ist Gott weit weg oben im Himmel?
Der Prophet Jeremia lässt es im Monatsspruch für den beginnenden September so klingen, wenn er in Gottes Namen redet und fragt: “Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?” Jeremia 23:23.
Und die Antwort ist: Ja! Gott ist bei denen in der Kirche, bei den großen Gottesdiensten am anderen Ende der Welt und oben im Himmel. Gott ist weit weg.
Und trotzdem ist er jetzt hier. Bei mir. Ganz nah. Ganz aufmerksam. Für das, was mein Herz und meine Gedanken bewegt. Das, was ich heute erlebe. Es gibt keinen Ort auf der Erde, an dem er nicht für mich da wäre. Bei Jeremia beantwortet Gott die Frage am Ende selber: „Bin ich es nicht, der Himmel und Erde erfüllt?“ Ja. Das ist Gott. Der, der die ganze Erde erfüllt. Der sogar mir heute persönlich begegnet.
Wie das geht, wie das aussehen kann, das sehen wir bei Jesus. Immer wieder. Auch in seiner Begegnung mit einer Frau, die eigentlich dachte weit weg von Gott zu leben. Mittags geht sie zum Brunnen, um Wasser zu holen. Mitten in ihrem Alltag spricht Jesus sie an. Stört sie erstmal. Aber als sie ins Gespräch kommen, merkt sie, wie gut Jesus sie schon kennt. Wie offen, sogar liebevoll er ihr begegnet. Wie er etwas neues, etwas stärkendes, annehmendes in ihr Leben hineinbringt. Sie ist so begeistert, dass sie gleich ihrem ganzen Dorf davon erzählt, einem Dorf voller Menschen, die vom jüdischen oder christlichen Glauben nichts wussten oder wissen wollten. Und Jesus bleibt noch ein paar Tage. Unangekündigt platzt er in dieses Dorf hinein und prägt die Menschen. Durch seine Nähe, seine Offenheit, seine Liebe. Niemand dort hatte damit gerechnet. Aber auf einmal war Gott da. Viel näher als erwartet. Zum Glück.
Falls sie die Geschichte von der Begegnung am Brunnen noch einmal nachlesen möchten: Johannesevangelium 4,1-42.

Christine Berneburg
Pfarrerin, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Lerbeck
Was Gott am siebten Tag so macht
Sonntagsruhe
„Der liebe Gott ist nicht zuhause“, höre ich eine Frau mit Engelsstimme. „Heute ist Sonntag, da hat der liebe Gott frei.“ Ich würde doch die Schöpfungsgeschichte kennen: „Am siebten Tag ruhte Gott von allen seinen Werken.“ (1.Mose 2,2)
„Aber wie stellen Sie sich das vor“, frage ich zurück, „kann denn der liebe Gott sich so einfach frei nehmen? Ich meine, der wird doch gebraucht heutzutage. Schließlich leben wir nicht mehr im Paradies.“ „Nun“, erklärt mir die Engelsstimme geduldig lächelnd, „der liebe Gott versteht es, Arbeit zu delegieren. ‚Appropriaton‘ heißt das Zauberwort. Damit umschifft er einen alten Lehrsatz, nach dem die Werke der Dreieinigkeit nach außen hin stets ungeteilt sind.“ So schicke er sonntags den Heiligen Geist los. Jesus müsse ja zur Kirche. „Wegen des Abendmahls, na, Sie wissen schon.“
„Und was“, frage ich, „macht Gott Vater so an seinem freien Tag?“ „Also, frühmorgens, da schwimmt der liebe Gott in der Regel mit den Delphinen um die Wette. Dann legt sich der liebe Gott auf die faule Haut und eine Blumenwiese, sieht – im Schatten eines Baumes – den Wolkenmalern zu. Liest Hermann Hesse oder blättert in einem Asterix-Heft. Später lässt er sich noch zu einem Stück Apfelkuchen einladen.“ Von Adam und Eva, die übrigens auch Andreas und Sabine heißen könnten. Die Schöpfungserzählungen seien schließlich keine Historienberichte. Es ginge da nicht um Weltentstehung, sondern um Lebensdeutung. Also, wie die Welt eigentlich von Gott gemeint sei.
Bei schönem Wetter spiele der liebe Gott gerne mit den Kindern ein bisschen Beach-Volleyball. Mit Kain auch noch eine Partie „Mensch-ärgere-dich-nicht“, was für diesen immer eine große Herausforderung darstellt.
Als am Abend ein paar himmlische Klaviertöne über die Erde wehen, da ahne ich, was die Engelsstimme gemeint und worauf sich der Kabarettist Hans Dieter Hüsch seinen eigenen Reim gemacht hat:
„Die Frage ist:
Soll‘n wir sie lieben, diese Welt,
Soll’n wir sie lieben?
Ich möchte sagen: Wir woll’n es üben.“

Jens Burgschweiger
Pfarrer am Bessel-NRW-Sportgymnasium Minden