
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Sammle Farben für den Winter
Die Wimpelkette wird immer länger. Rote, grüne, orangefarbene, blaue und gelbe Dreiecke habe ich zusammengefügt und fertige immer noch weitere an. Auf jedes Dreieck schreibe ich ein besonderes Erlebnis dieses Sommers. Manchmal nur in Stichworten, manchmal zwei Sätze. Ich will sie einfach nicht so schnell vergessen, die kleinen und großen Begebenheiten, Farben und Gerüche! Ich schaue mir meine Wimpel an und lese z.B. „Störche“ – ein großartiger Moment, die Gruppe von gut dreißig Störchen, die sich auf den Feldern versammelte! „Blühendes Rapsfeld“ – meine Wanderungen im Juniurlaub entlang der Ostseeküste – in dieser Erinnerung steckt so viel Urlaubsgefühl!
Jedes Jahr sammle ich meine Sommererinnerungen und schaue rund um den Herbstanfang zurück – was durfte ich in diesem Sommer erleben, riechen, schmecken und fühlen? Das Eis auf der Hand, Sonne auf der Haut. Glitzerndes Wasser und saftiges Grün der Bäume. Blühende Gärten und Wiesen. Wolkenspiel und schönste Sonnenaufgänge. All diese Farben von Unterwegs und von Zuhause will ich mitnehmen in den Herbst und den Winter. Dann, wenn es nasser, grauer und kälter wird, soll meine Seele sich an Sommer, an Farben und Gerüche erinnern und so auch manchem Nebel standhalten und froh bleiben können.
Im Psalm 103 heißt es „Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ Ich will nicht vergessen. Weder die ganz großen guten Sachen in meinem Leben und nicht das Gute dieses Sommers. Und ich danke Gott als dem Schöpfer und Hüter meines Lebens. Deshalb tut mir gut, mich gut zu erinnern – was war im Juni? Was im Juli?
Woran erinnern Sie sich? Welche kleinen und großen Sommergeschichten fallen Ihnen ein? Und mögen Sie Ihre Momente und Farben sammeln für den Winter? Für die Zeit, wenn der Alltag wieder Oberhand gewinnt? „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ Alle Farben des Sommers gegen das Vergessen. Ich wünsche Ihnen bestes Sammeln und Erinnern.

Sabine Hülsiepen
Gemeindepädagogin der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Lahde
Versöhnung feiern
Vor einem Monat geriet ich in Nordirland in eine Parade zum „Orangemen’s Day“. Mit Kind und Kegel sowie gepackten Picknickkörben erinnerten die Protestanten an ihren Sieg über die Katholiken vor 334 Jahren. Mich hat das befremdet. Gefeiert wurde nicht das Karfreitagsabkommen, das 1998 zu einem Ende des blutigen Nordirlandkonflikts führte. Im Mittelpunkt stand vielmehr der Sieg der einen über die anderen.
Die Bibel sieht Christinnen und Christen als Botschafter*innen der Versöhnung. Der Unfrieden und die Ungerechtigkeit in dieser Welt können uns nicht kalt lassen. Allerdings können tiefgreifende Konflikte nur gelöst werden, wenn die tiefen Verletzungen, die dahinter stehen, geheilt oder zumindest nicht noch verschlimmert werden.
Im 2. Korintherbrief beschreibt der Apostel Paulus unser gestörtes Gottesverhältnis als eigentliche Ursache der Unversöhnlichkeit zwischen Menschen. In unserem Land gerät das mehr und mehr aus dem Blick. So wird das Zusammenleben der Menschen gerade nicht besser, wenn sie die „Fesseln der Religion“ abgeworfen haben. Vielmehr fehlt an vielen Stellen die versöhnende Kraft, die in der biblischen Botschaft steckt. Versöhnung beginnt da, wo ich in der oder dem anderen einen von Gott geschaffenen und geliebten Menschen erkenne.
Grund zum Feiern sehe ich nicht, wenn wir uns an alte Siege erinnern. Sondern wenn wir dankbar dafür werden, dass wir in Frieden und Freiheit zusammen leben können. Insofern haben wir in Deutschland allen Grund dazu, uns dankbar an die Befreiung durch die Alliierten zu erinnern. Sie haben der Nazi Herrschaft und deren menschenverachtender Ideologie ein Ende gesetzt. Und anschließend haben sie uns für einen Neuanfang die Hand gereicht und uns nach Kräften unterstützt. Dafür könnte ich mir mal eine Parade mit Familienfest und Picknick vorstellen. Leider sind wir Deutschen an der Stelle ein bisschen zu geschichtsvergessen.

Pfarrer Thomas Lunkenheimer
Theologischer Vorstand der Diakonie Stiftung Salem
Kraft aus dem Glauben
In den katholischen Gottesdiensten wird an diesem Wochenende die Geschichte von Elija erzählt (1. Kön. 19,4-8). Erschöpft legt er sich unter einen Ginsterstrauch, klagt Gott sein Leid und bittet ihn sogar, sein Leben zu nehmen. Wofür Elija sich einst eingesetzt hat, scheint für ihn keinen Sinn mehr zu haben. Er will und kann nicht mehr, will sein Werk aufgeben. Der große, starke Prophet Elija „re-signiert“.
Im Wort „resignieren“ steckt das Wort „signieren“. Wenn ein Künstler ein Werk geschaffen hat, signiert er es, setzt seine Unterschrift darunter. Damit zeigt er, dass er der Schöpfer des Kunstwerkes ist; dass es sein Werk ist, in das er Gedanken, Arbeit und Zeit gesteckt hat. Auch Elija hat viel Kraft in sein Werk, seine Überzeugung gesteckt. Der Wind aber, der ihm entgegenbläst, lässt ihn sich von dem abwenden, was für ihn eigentlich ein (Herzens-)Anliegen ist. So „re-signiert“ er.
In seiner Resignation begegnet dem Elija ein Engel. Dieser möchte ihm neue Kraft und neuen Mut geben, ihm helfen, zu der einstigen Überzeugung seines Werkes zurückzufinden. Angerührt von dem Engel isst und trinkt Elija. Dann ruht er weiter. Nochmals rührt der Engel Elija an und nochmals steht Elija auf und isst. Neu gestärkt setzt Elija seine Wanderung fort.
Der Lesungstext bringt mich zum Nachdenken: Was lässt mich resignieren? Wo habe ich Herzensanliegen begraben, für die ich Feuer und Flamme war? Gibt es Dinge, von denen ich mich innerlich verabschiedet habe, da ich darin keinen Sinn mehr sehe? Wo brauche ich neue Kraft?
Elija macht die Erfahrung, dass Gott ihn nicht nur in guten Zeiten begleitet, sondern auch in seiner Resignation für ihn da ist und für ihn sorgt. Vielleicht kann es Ihnen und mir wie Elija gelingen, uns von Gott anrühren zu lassen, neue Kraft im Glauben zu finden, und frisch gestärkt weiterzumachen oder neu zu beginnen…

Gemeindereferentin Michaela Langner
Pastoralverbund Mindener Land