
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Es geht wieder los
Wenn es März wird, geht mir immer durch den Kopf „Im Märzen der Bauer die Rosse anspannt“. Ich spüre es: Es geht wieder los! Nicht nur bei mir: Gärten werden bearbeitet, Felder bestellt, Samen gesät. Die Erde duftet nach Neubeginn, nach Wachstum, nach Zukunft. Wer gärtnert oder das Feld bestellt, weiß um die Freude und Mühe der Arbeit.
Jesus war das nicht unbekannt: „Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes“ (Lk 9,62).
Ist Rückblick verboten? Ist Erinnern falsch?
Beim Pflügen in alter Zeit war es wichtig, den Blick nach vorn zu richten. Wer sich nach hinten umdrehte, lief Gefahr, die Furchen krumm zu ziehen und das Feld ungleichmäßig zu bestellen. Eine klare Ausrichtung nach vorne war entscheidend. Doch zugleich wissen wir: Rückblicke sind wichtig. Bauern lernen aus früheren Ernten, Gärtner erkennen, wo im letzten Jahr die Tomaten besser wuchsen. Ohne Erinnerung gibt es kein Lernen, keine Tradition, keine Dankbarkeit für das, was war.
Aber es gibt einen Unterschied: Wer sich nur umdreht, wer in der Vergangenheit verharrt, kann das Neue nicht gestalten. Jesus ruft nicht zur Gedankenlosigkeit, sondern zur Entschlossenheit. Wer ihm folgt, soll sich nicht in alten Fehlern oder verpassten Chancen verlieren, sondern mit Vertrauen nach vorne gehen.
Ich habe ein Bild von van Gogh vor Augen: „Landschaft mit Haus und Pflüger“. Das Bild spiegelt van Goghs Faszination für das ländliche Leben und die Arbeit der Bauern wider und es ist das, was neben mir so viele Menschen empfinden: Freude an der Garten- und Feldarbeit sowie die Bedeutung des Voranschreitens ohne ständiges Zurückschauen.
Es geht nicht darum, dass Rückblick verboten ist. Sondern darum, ob unser Blick nach hinten uns lähmt oder uns hilft. Erinnerungen können ein Schatz sein – oder eine Last. Wer mit Gott unterwegs ist, kann lernen: Die Vergangenheit gehört zu uns, aber die Zukunft gehört Gott. Und den Glauben an die Zukunft sind wir uns selbst, unseren Lieben und Gott schuldig.
Also: Es geht wieder los! Die Erde wartet darauf, bestellt zu werden, genauso wie unser Leben. Gott hat einen neuen Frühling für uns bereit. Der Pflug liegt in unseren Händen – in welche Richtung schauen wir?

Pfr. Eckhard Hagemeier
vertritt die Vakanz in der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Hille
Zu Fuß durchs Dorf
Am letzten Sonntag, dem Wahlsonntag, gingen bei frühlingshaftem Wetter viele Menschen zu Fuß durch unser Dorf zum Wählen. Nach dem Winter, wo wir uns oft nur aus den Autos zugewunken haben, war das richtig schön. Man traf sich auf dem Weg oder vor dem Wahllokal, um sich zu unterhalten über die Wahlbeteiligung oder um zu fragen wie es geht und was die anderen in der Familie so machen. Die oft genannte deprimierte Stimmung konnte ich nicht feststellen. Im Gegenteil: Es gab viel Beteiligung, den Wunsch mitzumachen und Meinungen und Einschätzungen von anderen zu hören.
Das könnten wir eigentlich öfter machen: Zu Fuß gehen und auf diese Weise auch die Umwelt zu schonen, erzählen und zuhören. Das gute Zuhören ist jetzt auch den Politikern und Politikerinnen zu wünschen, die in einer zukünftigen Regierung ohne Verständnis füreinander und Kompromisse nicht auskommen werden. In vielen evangelischen Gottesdiensten wird morgen die biblische Geschichte von Maria und Marta aus Lukas 10 erzählt. Maria setzt sich zu Jesus und hört ihm zu, statt sich abzuhetzen. Wenn nach dem Karneval nun bald die Passionszeit beginnt, dann ist das eine Zeit, um innezuhalten, auf Gottes Worte zu hören und auch die ersten Zeichen des Frühlings zu genießen.
Ein hoffnungsvolles und fröhliches Wochenende wünscht Ihnen

Mirjam Philipps
Pfarrerin der ev.-luth. Kirchengemeinde Windheim
Wahlentscheidung
Im Netz trifft man auf den „Wahl-O-mat“. 38 Thesen, zu denen die Parteien sich geäußert haben, sollen mir helfen, mich zu orientieren. In der Bibel bin ich auch auf einen „Wahl-O-mat“ gestoßen. Im fünften Buch Mose (30,1-20) fordert Gott eine Volksabstimmung. Einige der Stämme Israels waren nach langen Jahren des Exils aus Babylon in ihre Heimat zurückgekehrt. Aber viele hatten in der Fremde ihren Glauben an Gott verloren. Der stellt nun jeden einzelnen der Heimkehrer vor die Wahl: „Siehe, ich lege dir vor Leben und Tod, Segen und Fluch. Wähle das Leben!“ Eine Steilvorlage. Wähle das Leben!
Aber wie setze ich das morgen in der Wahlkabine um? Indem ich Parteien und ihre Programme daraufhin prüfe, ob und wie sie dem guten Leben für alle dienen. Wie schaffen sie sozialen Ausgleich, damit die Gesellschaft nicht noch mehr in „arm“ und „reich“ auseinanderfällt? Was sagen sie zur Migration? Was tun sie für Frieden und die Versöhnung der Völker? Wie wollen sie die Erderwärmung stoppen und die Ressourcen schonen? In der Hoffnung, dass diese Programme eingehalten werden, gebe ich am Ende meine Stimme der Partei, deren Aussagen mir am nächsten stehen. Ein Kompromiss, natürlich.
Und sicher müssen auch nach der Wahl Kompromisse ausgehandelt werden, um überhaupt eine Regierung zu bilden. Oft macht sich da Enttäuschung und Skepsis breit. Und doch: Für mich bleibt es selbstverständlich, zu wählen. Ich bin dankbar in einem demokratischen Staat zu leben, der die Würde und das Leben des Menschen achtet und schützt. Auch wenn nicht alles problemlos läuft. Auch wenn nach der Wahl wieder neu verhandelt, gestritten, entschieden werden muss, um diesem Wert gerecht zu werden.
Aber das müssen nicht nur jene, die sich zur Wahl stellen. Dazu müssen wir alle beitragen, auch mit unserer Stimmabgabe. Eine einzige Wählerstimme bringt zwar nur ein leichtes Gewicht auf die Waage. Ich lege ich es dennoch bewusst in jene Schale, die sich dem Leben und nicht dem Tod, dem Segen und nicht dem Fluch zuneigt.

Petra Ottensmeyer
Pfarrerin, Telefonseelsorge Ostwestfalen