
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Haben Sie schon alles für Weihnachten?
Der Endspurt ist angesagt in der diesjährigen kürzest möglichen Adventszeit. Dass jetzt die letzte Woche anbricht merkt man nicht nur in den Kaufhäusern und Online-Shops sondern auch in der Kirche. In letzterer beginnt die Woche nicht mit verführerischen Sonderangeboten, sehr wohl aber mit einem markanten optischen Signal. Die liturgische Farbe des Advents, das Violett, welches zur Buße und Umkehr aufruft, wird an diesem Adventssonntag durch die nur an zwei Tagen im Jahr benutze Farbe rosa ersetzt. Sie will deutlich machen, dass auf das kommende Fest hin schon etwas von der Freude durchleuchtet.
Das Evangelium stammt in diesem Lesejahr aus dem ersten Kapitel nach Johannes und mahnt die adventliche Tugend Ehrlichkeit im Selbst- und Fremdbild an. Über Johannes heißt es dort: Er bekannte und leugnete nicht: „Ich bin nicht der Messias“ und er verweist auf einen anderen: „Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt!“
In der Weihnachtszeit machen sich viele Menschen auf den Weg und besuchen verschiedene Kirchen, um sich die Darstellung des Weihnachtsgeschehens durch die dort aufgebauten Krippen vor Augen zu führen. In der Domgemeinde gibt es seit vielen Jahren den Wunsch nach einer neuen Krippe. Da es sich um ein Großprojekt handelt, nicht nur finanzieller Art, sondern auch weil eine solche in der Regel für viele Jahrzehnte Bilder bestimmt, sind wir sehr dankbar, dass wir schon im letzten Jahr vom in Telgte ansässigen Museum Religio eine Krippe ausleihen konnten. Auch in diesem Jahr werden uns zwei weitere Krippen aus dem Besitz des Museums das Weihnachtsgeschehen deuten. Die beiden zeitgenössischen Krippen von 1992 und 2021 regen in ihrer Unterschiedlichkeit dazu an, über das Geheimnis der Menschwerdung Gottes nachzusinnen.
Ihnen eine gute letzte Adventswoche und herzliche Einladung in der Weihnachtszeit den Dom und seine zwei Krippen zu besuchen.

Roland Falkenhahn
Propst im Pastoralverbund Mindener Land
Advent – „Kreatives Warten“
„Wann ist endlich Weihnachten?“, ich höre noch gut das Gequengel meiner Kinder. Viele Jahre ist es her. Und die Antwort war dieselbe, wie sie auch heute immer wieder Eltern zu ihren Kindern sagen: „Du musst noch ein bisschen Geduld haben.“ Aber das mit der Geduld ist gar nicht so einfach. Wieso kann es denn nicht einfach jetzt soweit sein?“
Ja, sich gedulden zu müssen und zu warten fällt nicht nur vielen Kindern, sondern auch uns Erwachsenen schwer. Dabei steckt im Warten, so schwer es auch fallen mag, auch eine gespannte Konzentration auf das Kommende. Plätzchen backen, Adventskranz schmücken, Kerzen und Lichterketten im Haus verteilen, Familientraditionen pflegen und nicht zuletzt am Adventskalender Tag für Tag ein weiters Türchen öffnen. All das macht Freude und bringt positive Spannung in das Warten auf Weihnachten hinein.
Geduldig zu sein heißt „kreativ zu Warten“ auf das wirklich Wichtige:
Jesus kommt hinein in unsere Welt, Gott persönlich ist zu uns unterwegs, er möchte uns begegnen und teilhaben an unserem Leben, an den schönen und den schweren Dingen. Gott möchte uns umfangen mit seiner Liebe, seiner Fürsorge und seiner Hoffnung.
Advent heißt: Gott kommt in die Welt. Und ich bin hier, damit er mich findet. Mit allem, was ich mit mir trage. Mit all den Bildern und Gefühlen der letzten Woche. Hier bin ich, Gott, komm Du auch zu mir!
Dann kann ich einstimmen in das bekannte Advent und Weihnachtslied (EG 13):
- Tochter Zion, freue dich,/ jauchze laut, Jerusalem!/ Sieh, dein König kommt zu dir,/
ja er kommt, der Friedefürst./ Tochter Zion, freue dich,/ jauchze laut, Jerusalem! - Hosianna, Davids Sohn,/ sei gesegnet deinem Volk!/ Gründe nun dein ewig Reich,/ Hosianna in der Höh!/ Hosianna, Davids Sohn,/ sei gesegnet deinem Volk!
- Hosianna, Davids Sohn,/ sei gegrüßet, König mild!/ Ewig steht dein Friedensthron,/ du, des ewgen Vaters Kind./ Hosianna, Davids Sohn,/ sei gegrüßet, König mild!

Thomas Pfuhl
Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Martini, Bezirk Erlöserkirche
Reiß den Himmel auf!
In diesem Jahr ist mir in der Vorbereitung zum Advent ein Lied zum liebsten geworden, das wohl zu den unbekanntesten Adventsliedern gehört, jedenfalls in keinem Einkaufscenter und nur auf seltenen Radiokanälen zu finden ist.
„O Heiland, reiß die Himmel auf!“ – Warum? Es fallen Worte darin wie „Herab vom Himmel lauf!“, „O Heiland, aus der Erde spring!“, „In Finsternis wir alle sind“, „Wo bleibst du Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt? O komm, ach komm vom höchsten Saal!“, und „Hier leiden wir die größte Not!“
Alles prophetische Sehnsuchtsworte aus dem ersten Testament. Damals wie heute in einer in großen Teilen völlig perversen Welt…
Auch wenn wir sie selbst gerade nicht persönlich erleiden, aber diese Not nicht nur der Klima- und Wirtschaftskrise, sondern die Not der Kriege, des Hasses, des Terrors, der Folter, von Missbrauch und sexueller Belästigung, springt uns so gegenwärtig und präsent, widerwärtig und grausam an, dass wir sie selbst in unseren Gliedern und Seelen zu spüren beginnen.
Friedrich von Spee schrieb dieses Lied. Als er lebte, war es auch eine Zeit voller Gewalt und Terror, der Krieg, der 30 Jahre währen sollte, begann. Es war eine Zeit der Verrohung der Moral, der Gewalt, der Verelendung, Pest und Tod gingen um. Im Namen Gottes wurde gefoltert und getötet.
Unsere Gegenwart ist wie ein Remake der Zeit im 17. Jahrhundert. Friedrich von Spee dichtete das Lied und zehn Jahre später rief und flehte er nicht nur mehr, sondern schrieb zudem sein entschiedenes Plädoyer über das Unrecht der Hexenprozesse und -verbrennungen die „Cautio Criminalis“, gegen das System von Folter und Wahn, Hass und Mord an Unschuldigen im Namen Gottes.
Wir sehnen uns in diesem Advent nach Gott, dem Heiland, der den Himmel aufreißt und kommt und dem ganzen Irrsinn ein Ende bereitet – wie auch immer. Ich sehne mich auch. Aber meinen Mund halte ich sicher auch nicht mehr. Adventliche Grüße!

Volker Niggemann
Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Marien, Bezirk St. Matthäus