Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Wofür braucht es eigentlich noch Kirche?

Immer mehr Menschen treten aus. „Ich kann gut ohne Kirche meinen Glauben haben“ sagen viele.
Klar, jede*r darf glauben, was und wie er oder sie will. Aber christlicher Glaube ist mehr als nur private Ansicht. Christlicher Glaube will nicht nur meine Seele ins Gleichge­wicht bringen, sondern auch die Welt verändern. Dazu brauche ich Leute, die mich ermutigen, wenn mir Glauben und Leben schwerfallen, weil sie sich be­we­gen lassen durch den Geist, von dem es in der Bibel heißt: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnen­heit.“ Dann ist Kirche dazu gut, Ängste zu überwinden durch starken Mut, solidarische Liebe und zuversichtliche Gelassen­heit.
Ängste gibt gerade überall: Krieg in Europa, Inflation, Klimawende und noch die privaten Sor­gen. Da täte eine Gemeinschaft in solchem Geist gut. Aber Kirche? Leider steht sie selbst viel zu oft für eigene Zukunftssorgen statt für diesen Geist, der Ängste überwindet. Keiner braucht auch noch eine Kirche der Angst. Dabei feiert Kirche mit ihrem Ge­burts­tag zu Pfingsten diesen Geist. Ihm muss sie sich immer wieder öff­nen. Dann kann sie ein Ort sein, wo er die Angst vertreibt, weil hier Men­schen aufeinander achten und in Liebe ihre Hoffnung teilen. Kirche muss sich daran messen, ob man in ihr spürt, wessen Geistes Kind sie ist.
Manchmal gelingt ihr das auch bei uns: im seelsorglichen Gespräch, beim Konfi-Camp, im fröhlichen Gottesdienst, bei der Kirchenmusik, in einer Gemeindegruppe, beim Friedens­gebet, mit der Arbeit der Flüchtlings­hilfe, in diakoni­schen Einrichtungen – im­mer, wenn Kirche mir hilft, anderen zu helfen und ich dabei die eigenen Sorgen loswerde. Da spüre ich die Kraft der Liebe, die mir Besonnenheit schenkt. Das kann ich nicht allein. Kirche hilft mir, befreiende Geist-Erfahrung zu machen, wenn sie sich selbst von Gottes Geist bewegen lässt. So wird sie wieder attraktiv für Menschen, die noch überlegen auszutreten.

Michael Mertins

Michael Mertins

Superintendent, Ev. Kirchenkreis Minden

Göttlicher Energieversorger

In Lahde wird eine Schiffsladung Kohle verbrannt, in Hille dreht sich ein riesiges Windrad und in Meißen stecke ich mein Ladegerät in die Steckdose und mein Handy bekommt die nötige Energie für die nächsten paar Stunden Höchstleistung. Und dazwischen passiert ganz viel, was Menschen mit meinem begrenzten Physikverstand, fast schon etwas wundersam vorkommt. Aber es führt eben dazu, dass wir in jedem Winkel unserer Region jederzeit mit genügend Strom und Energie versorgt sind. Und abgesehen von den hohen Preisen ist das ja wirklich faszinierend, dass das den Energieversorgern gelingt. Irgendwie die Energie aus einem Schiff voller Kohle und einem Windhauch in Hille so umzulenken, dass mein Handy daraus mit Energie versorgt werden kann.

Wir sind ja gerade noch in der Pfingstwoche. Wir feiern, dass Gott den Heiligen Geist in seine Gemeinde hineingibt. Der wirkt jetzt schon seit fast 2000 Jahren in der weltweiten Kirche. Unter anderem auch als ein riesiger göttlicher Energieversorger. Er verbindet die Gemeindeglieder weltweit untereinander und vor allem mit einer riesigen göttlichen Kraftquelle. Er verbindet uns mit dem, was Gott mit uns vorhat, und mit dem, was Jesus Christus für uns getan hat. Er ist unser Zugang zu Gott, zu all der Liebe, die er für uns empfindet, zu der Kreativität und Freude, mit der er in unser Leben hineinwirken will, zu dem Recht, zu dem er uns verhelfen möchte. Er schafft es, die riesige göttliche Kraftquelle so mit jedem „Endverbraucher“ zu verbinden, dass ganz unterschiedliche Menschen und Bedürfnisse auf ihre ganz persönliche Art durch Gottes Kraft gestärkt werden. Und das wirkt. Bis in den letzten Winkel unserer Region hinein genauso wie um die ganz Erde. Hier gibt es einen Energieversorger, der keinen hohen Preis von uns fordert, sondern Gottes Kraft liebevoll an uns verschenkt. Etwas wunderbar für meinen begrenzten Verstand. Aber es führt dazu, dass wir mit Gott verbunden und von ihm mit Energie versorgt werden. Jederzeit und überall.

Pfarrer Thomas Berneburg

Pfarrer Thomas Berneburg

Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Lerbeck, Pfarrbezirk Meißen und Neesen

Erneuerung

​Pfingsten, das Fest der Sendung des Geistes, bedeutet Erneuerung. Wie geht Erneuerung aber, darüber wird gestritten. Paulus gibt einen Tipp. Jedenfalls nicht durch besseres Business, so seine Meinung 2. Kor 2,17: „Nun, wir machen jedenfalls mit Gottes Botschaft keine Geschäfte wie so manche andere. Wir reden in aller Aufrichtigkeit und in Gottes Auftrag, weil wir mit Christus eng verbunden sind und uns Gott verantwortlich wissen.“

An Pfingsten reden wir über die Grenzen des Business. Und da gerade der Deutsche Meister gekürt wurde, am Beispiel Fußball.

Das Show Business verkauft Unterhaltung, dagegen lässt sich erst einmal nichts einwenden. Aber was macht das aus dem Sport? Die Deutsche Fußballliga ist auf der Suche nach einem Investor. Das Geschäft ist ja eine Konkurrenzsituation. Wir brauchen internationales Niveau, sonst wandert das Publikum ab. Ein noch unbekannter Investor soll der Liga für langfristige TV-Vermarktungsrechte kurzfristig zwei bis drei Milliarden Euro überweisen. Mehr Vermarktung bedeutet aber immer, mehr Show, weniger Sport. Und kein Fanclub hält diese Entwicklung auf. D. h. aber für den Fußball heute, dass er sich nur an der Basis erneuern kann. Kinder müssen verstehen, dass die Helden des Fußballs nicht Messi und Ronaldo sind. Das sind nur Helden einer fernen Show. Es geht um diejenigen, die in ihrem Ortsverein gespielt haben und jetzt Schiedsrichter oder Trainer machen. Was sie sagen und erfüllt, macht den Fußball für die Jungen aus.

Auch in der Kirche hilft das Business nicht überall. An vielen Stellen wird verlangt, die Kirche muss wieder sichtbarer werden, mehr Show bitte, mehr Niveau. Die Kirchen investieren mit ihrem Geld, gründen Stiftungen, suchen Sponsoren, machen Angebote und Öffentlichkeitsarbeit, um im Wandel der Arbeitswelt mitzuhalten. Management ist gefragt, bei einem gesellschaftlich relevanten Player. Die Diakonie ist z. B. einer der größten Arbeitgeber im Kreis. Aber bei der inneren Erneuerung zählt das nicht. Erneuerung unserer Gemeinden kann wie beim Fußball nur an der Basis geschehen, sonst geht die Seele verloren. Wir schöpfen aus dem stillen Vorbild der Menschen, die sich im Glauben versammeln, ein Vater unser sprechen.

Für das Pfingstfest gilt: Uns dem Geist öffnen und stille Freude an dem, was uns erfüllt, was wir als Lebenshoffnung den Jungen vermitteln können.

Pfarrer Clemens Becht

Pfarrer Clemens Becht

Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Marien, Pfarrbezirk St. Lukas