
Wort zum Sonntag
Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.
Besser als gedacht
Zu einem Einsiedler kam eines Tages ein junger Mann und sagte, er sei von der Kirche enttäuscht und suche jetzt die vollkommene Gemeinschaft von gläubigen Christen. Da führte ihn der Alte zu den Mauern seiner kleinen Kapelle und fragte ihn: „Sag mir, was du siehst.“ „Ich sehe alte Mauern mit Unkraut und Moos“, entgegnete der Besucher. „Und doch wohnt Gott in diesem scheinbar ungepflegten Haus“, meinte der Einsiedler. „So ist es auch mit der Kirche. Sie kann nicht rein und perfekt sein, weil sie aus Menschen besteht. Auch du bist ein Mensch und ich sage dir: selbst wenn du die vollkommene Kirche findest, wird sie es in dem Augenblick nicht mehr sein, in dem du ihr beitrittst.“ (Herkunft unbekannt)
Man kann über die Kirche ja so oder so denken. Was allerdings oft verkannt wird: Nach wie vor bietet die Kirche vielen Menschen ein geistliches Zuhause. Auch gibt es in Deutschland keine Organisation, die mehr Mitglieder hat, als die Kirche.
Damit will ich nicht kleinreden, dass es jede Menge Verbesserungsbedarf gibt. Womöglich in der einen oder anderen christlichen Konfession mehr als bei anderen. Da kehre jede und jeder vor der eignen Tür.
Doch was wäre, wenn niemand mehr von Gottes Gegenwart zu reden wüsste? Wenn kein Trost zugesprochen und kein Segen mit auf den Lebensweg gegeben würde? Mir würde da Entscheidendes fehlen.
In einer Woche feiern wir Pfingsten. Das Fest der Erneuerung und des Aufbruchs. Das Fest des Heiligen Geistes, der Menschen im Innersten anrührt und in Bewegung setzt. Das Fest der Kirche, die für andere da ist.
Zugegeben: manchmal fehlt da noch die große Begeisterung. Doch die Sehnsucht nach Gottes Gegenwart und Hilfe tragen viele Menschen in sich.
Und das macht Mut, sich weiterhin in der Kirche zu engagieren. Auch wenn sie hier und da Moos angesetzt hat oder unansehnlich ist. Solange Menschen darin Gottes Wort hören und seinen Segen empfangen, brauchen wir sie mehr denn je.

Pfarrer Thomas Lunkenheimer
Theologischer Vorstand der Diakonie Stiftung Salem
Das Besondere und das kleine Glück
Diese drei Momente lagen am letzten Wochenende nicht weit auseinander. Die Notfallseelsorge meldet sich am späten Samstagabend. Meine Frau und ich finden uns ganz in der Nähe des Brandortes nahe dem Melittabad ein. Der Feuerwehr ist offenbar das Löschen und Eindämmen des Brandes längst gelungen. Die Notärzte schätzen ein, was für die Rauchopfer, von denen wohl niemand ganz schwer betroffen ist, getan werden muss und kann. Alle Rettungskräfte sortieren sich und das Geschehen. Danke allen professionellen und ehrenamtlichen Hilfsbereiten übrigens! Danke. Die aus der Brandwohnung evakuierten Kinder bekommen Wärmedecken, als es kühler wird. Wer kann zurück in seine Wohnung, wer nicht? Das Hotel Exquisit nimmt in der Nacht die letzte Familie ohne Unterkunft vorübergehend auf. Meine Frau und ich nehmen unsere Räder und fahren nach Hause. Manchmal sind wir besonders gefragt, anderen vielleicht einfach nur zuzuhören oder praktisch in der Not beizustehen.
Am Sonntagvormittag freuen wir uns an der Konfirmation einer kleinen, aber feinen Gruppe. Jeder findet einen Luftballon mit dem eigenen Vornamen an seinem Stuhl im Martin-Luther-Haus. Einer der Angehörigen spricht den Jugendlichen jeweils den Konfirmationsspruch zu. Wir geben unser Bestes beim Singen. Und die Kombi von Mundharmonika und E-Klavier passt auch schön. Wir feiern in der Gemeinde einen nicht alltäglichen Gottesdienst und einen besonderen Tag für die Hauptpersonen. Den sie so schnell nicht vergessen werden.
Ich denke gerade, irgendwie ist der christliche Glaube etwas für die großen, besonderen, die gefährlichen und die schönen Momente und Gelegenheiten des Lebens. Aber dann war da am Mittag noch dieser schöne Anblick: Die Kohlmeise brütet im kleinen Nistkasten am Kirschbaum in unserem Garten. Nach Jahren mal wieder. Die Schöpfung zeigt ihr schönstes Gesicht. Und die Kohlmeisen erinnern mich. Auch das kleine Glück des Alltags nach Notfallseelsorge und Konfirmation gehört – Gott sei Dank – zum Leben. Eigentlich möchte ich beides nicht verpassen, sondern pfleglich achten. Das Besondere und das kleine Glück.

Pfarrer Dr. Jörg Bade
Religionspädagoge am Leo-Sympher-Berufskolleg
Der Frühling bringt mich immer wieder zum Staunen!
Augenscheinlich tote Pflanzen zeigen, dass in ihnen doch so viel Leben steckt: Knospen sprießen, erste Blumen stecken ihre Köpfe aus der Erde und blühen in leuchtenden Farben. In diesen Tagen stelle ich immer wieder neu fest, wie sehr mir die bunte Schönheit der Natur, die Helligkeit und die Wärme der Sonne in den vergangenen Monaten gefehlt hat. Ich genieße den Anblick der frischen Natur. Und die Vögel, die voller Inbrunst ihre Lieder anstimmen, zaubern mir schon am frühen Morgen ein erstes Lächeln ins Gesicht. Die Schöpfung ist faszinierend und geheimnisvoll. Es ist einfach wunderbar zu beobachten, dass alles so funktioniert, wie es funktioniert! Und wie viel Kraft die Natur doch hat, alles aufblühen zu lassen! Aber nicht nur die Pflanzenwelt und die Tiere erwachen in diesen Tagen. Wie viel Schwung und Freude die Veränderungen der Natur zugleich auch in das Leben der Menschen bringen!
Letztens erhielt ich von einem guten Freund einen WhatsApp-Bildergruß aus dem Franziskanerkloster in Wiedenbrück. Auf dem Foto war der Heilige Franziskus zu sehen, der zwei Äste so in den Händen hielt, als würde er Geige spielen. Der Heilige aus dem 13. Jahrhundert lebte eng mit Gott und seiner Schöpfung verbunden. Tiere, die Natur, die Gestirne – sie alle waren ihm Bruder und Schwester. Immer wieder dankte und lobte er Gott für seine wunderbare Schöpfung und sang ihm Lobeslieder.
Vielleicht klingt es für den ein oder anderen heute im 21. Jahrhundert sehr speziell, dass ein erwachsener Mann aus voller Überzeugung mit zwei Ästen in den Händen musiziert und Lobeslieder singt. So aber brachte er auf seine ihm eigene Art und Weise seine Lebensfreude, seine Dankbarkeit für die von Gott geschenkte Schöpfung zum Ausdruck. Vielleicht kann uns der Heilige Franziskus ein Vorbild in seiner Verbundenheit zu Gott und seiner Schöpfung sein. Wir sollten nicht müde werden, Gott für seine Schöpfung zu danken und ihn zu loben.
P.S.: Es muss ja nicht unbedingt mit zwei Ästen in den Händen sein…

Michaela Langner
Gemeindereferentin im Pastoralverbund Mindener Land