Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Martinstag

Am 11. November ist Martinstag. In vielen Kindergärten finden um diesen Tag Laternenumzüge statt; manchmal mit einem richtigen Pferd und einem Reiter darauf.

Zur Erinnerung an Martin von Tours. Er war vor langer Zeit als Reitersoldat in der Kaiserlichen Garde in Amiens stationiert. An einem Wintertag begegnete er am Stadttor einem armen, frierenden Mann. Er teilt seinen Mantel mit dem Schwert und gab eine Hälfte dem Armen. In der folgenden Nacht sei ihm dann im Traum Christus erschienen, bekleidet mit dem halben Mantel. Und an eine zweite Geschichte will ich erinnern. Leo Tolstoi hat sie geschrieben – die vom Schuster Martin. Martin hört eines abends die Stimme Jesu: „Morgen will ich zu dir kommen.“ Am nächsten Tag wartet er. Er lädt den Straßenkehrer

Stephan ein, sich bei ihm aufzuwärmen. Er gibt einer jungen Frau mit ihrem Kind eine warme Suppe, schenkt ihr für das Kind ein Paar Schuhe. Eine Marktfrau, der ein kleiner Junge einen Apfel gestohlen hatte, kann er besänftigen. Abends ist Martin enttäuscht. Jesus hat ihn nicht besucht. Er hört dann abermals die Stimme:  „Ich bin bei dir gewesen, Martin. Hast du mich erkannt?“ Sie wissen es längst. In dem Straßenkehrer, der jungen Frau und ihrem Kind, der Marktfrau und dem Jungen war er gekommen. Anrührende Geschichten, die einen biblischen Text aufnehmen. Dort sagt Jesus: „Alles, was ihr den Armen getan habt, das habt ihr mir getan.“ Zwei Dinge finde ich bemerkenswert. Christus hat viele Gesichter. Wo Menschen leiden in ihrer Not, da leidet er selber. Not ist vielfältig. Das zweite: Nichts ist vergeblich getan oder zu gering. Eine Suppe rettet nicht die Welt. Aber in der Suppe steckt Barmherzigkeit. Liebe. Güte. Achtung. Wir brauchen mehr Suppe oder was sonst die Not lindert.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag.

Dieter Maletz

Dieter Maletz

Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Oberlübbe

Ein Moderator im Radio: „Halloweenkostüm? Lass uns mal als Tür gehen, mit 95 Zetteln drauf. Ist ja schließlich Reformationstag. Wär doch cool.“

Finde ich auch. Seit Tagen lässt mich die Idee nicht los: welche 95 Sätze würden auf meinem Kostüm stehen? Denn so nötig Luthers Thesen vor rund 400 Jahren waren, wir brauchen heute andere. Man kann man über den Reformstau der Kirche immer reden, aber die entscheidende Frage ist doch, was hat Kirche mit mir und mit meinem Glauben zu tun.
Über Kirche schimpfen, kein Problem. Aber ich bin Teil der Kirche. Kirche ist nicht abstrakt. Kirche, das bin auch ich. Kirche sind wir als Glaubende und Suchende, als Menschen, die nach Gott fragen, mit Gott leben. Gott lässt uns als Christen nicht allein durchs Leben gehen. Er stellt uns in eine Gemeinschaft. Weil es nämlich viel einfacher ist, mit meinen Fragen und Erfahrungen jemanden zum Reden zu haben. Das geht natürlich im Gebet. Aber manchmal muss ein Mensch her, mit dem ich meinen Glauben, auch meine Zweifel teilen kann, um zu überprüfen, ob ich in meinem Denken über Gott richtig liege.
Dafür ist Kirche da: ein Ort, wo ich glaubensmäßig auftanken kann. Wo jemand für mich betet. Wo wir gemeinsam in der Bibel herauszufinden versuchen, was Gott uns denn heute zu sagen hat und was das mit unserem Leben zu tun hat. Hier bekomme ich die Zusage, dass Gott mich liebt. Und das wir als Christen diese Liebe weitergeben sollen in jeden Winkel dieser Erde.

Auf meinem Kostüm sollten mutmachende, hoffnungsvolle Worte und Texte stehen. Denn Kirche, die Gemeinschaft von Christen hat etwas zu bieten. Genauer: Gott bietet eine Hoffnung, die über menschliches Fehlverhalten in Kirche hinausgeht. Auf meinem Kostüm sollte stehen, dass Gott uns begleitet. Dass wir uns an ihn wenden dürfen, er hört uns zu, schenkt Vergebung, Heilung, Gnade. Von Gottes Barmherzigkeit sollte zu lesen sein, die in Jesu Tod und Auferstehung ihren Höhepunkt hat und uns bis heute gilt. Von Gottes Liebe. Die wir erleben und weitergeben. Denn zu lieben sind wir da.

Pastorin Nicole Bernady

Pastorin Nicole Bernady

Ev.-methodistische Kirche – Gemeinde mit Herz

Sternstunden

In den klaren Nächten des ausgehenden Sommers konnte man wieder Sternschnuppen sehen. Sie regneten quasi vom Himmel und trotz unseres aufgeklärten Weltbildes, verbinden sich manche stummen Sehnsüchte und Wünsche mit ihnen. Dass die Sterne wie alle anderen Himmelskörper keine göttliche Gewalt haben, lesen Christinnen und Christen schon im ersten Schöpfungsbericht. Dennoch beeindrucken sie uns. Bis in unseren alltäglichen Sprachgebrauch hinein finden sich Anspielung en auf die Nachtgestirne. Und wer wollte nicht, dass ihr bzw. ihm die Sterne vom Himmel geholt würden?

Von Sternstunden sprechen wir in Erinnerung an wichtige Lebensmomente, an Augenblicke oder Situationen, die für unser Leben, unsere Beziehungen und unser Verständnis von Gott und der Welt ganz entscheidend sind. Solche Momente ragen aus dem Alltäglichen heraus. Sie lassen uns einerseits erkennen, dass wir Besonderes erreicht haben und, andererseits dass uns Vieles geschenkt worden ist. Gerade haben wir ein Dankfest gefeiert. Traditionell steht der Dank für die Ernte im Mittelpunkt – und dazu Dank für alles, was gelungen ist. Das Erntedankfest erinnert daran: Was wirklich wichtig ist im Leben, wird uns geschenkt. Wir nennen solche Ereignisse oft Sternstunden. Sie sind wichtig für unseren Lebensweg. Von diesen Erinnerungen zehren wir und schöpfen daraus Kraft.

Martin Luther entdeckte in einem Meer der Angst vor Naturkatastrophen, Kriegen, Krankheiten und sozialer Unsicherheit die Sternstunde seines Glaubens und Lebens: So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben (Röm.3,28). Mit anderen Worten: Ich muss nichts leisten, um von Gott geliebt zu werden. Aus diesem Glauben heraus, kann ich mich meinem Nächsten zuwenden, mein Leben gestalten. Luthers Sternstunde entwickelte sich zu einer Sternstunde des Glaubens für Viele. Deshalb begehen die Protestanten den Reformationstag an jedem 31. Oktober.  

Pfarrerin Ulrike Lipke

Pfarrerin Ulrike Lipke

Schulreferentin der Kirchenkreise Minden, Lübbecke und Vlotho