Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Abschied und Neuanfang

„Mit 66 Jahren fängt das Leben erst an!“ Meins hat schon vor (!) 66 Jahren angefangen. Bei allem Stress und Frust, den „Firma Kirche“ in der heutigen „Marktlage“ mit sich bringt, bleibt der Beruf des Pastors eine faszinierende Aufgabe: Inspiriert von uralten Dokumenten hebräischer und griechischer Sprache, in einer Gemeinde und mit ihr, zu suchen, was der in seiner langen Geschichte höchst vielfältig interpretierte christliche Glaube hier und heute bedeuten kann. Ganz unterschiedlichen Menschen zu begegnen und immer wieder zu fragen: Was ist der Sinn des Ganzen?  

Viele Menschen habe ich begleitet, viele Menschen haben mich begleitet. Wunderbare Kolleginnen und Kollegen wurden mir geschenkt, fantastische Mitarbeiter*innen, ob haupt– oder ehrenamtlich. Viele Menschen durfte ich taufen, viele konfirmieren, einige trauen, nicht wenige in die Kirche wieder aufnehmen, sehr viele beerdigen.

St. Jakobus, St. Thomas, Offene Kirche St. Simeonis: Letztere war mein Hauptarbeitsbereich. 15 Jahre lang durfte ich im Auftrag des Evangelischen Kirchenkreises diesen spannenden Acker bepflügen. Besonders am Herzen lag mir die ökumenische Zusammenarbeit und die Begegnung mit anderen Religionen und Kulturen. Die Aufgabe: einen wunderschönen mittelalterlichen Kirchraum auch ohne eigene Gemeinde und ohne übliche Kirchensteuern zu erhalten und mit Leben zu füllen, ist dank unseres Teams der Gastgeber*innen, der Unterstützer des Fördervereins und vieler Spenderinnen bislang gelungen.

Die Synode des Kirchenkreises möchte, dass die Arbeit der Offenen Kirche St. Simeonis gemeinsam mit der Simeons Herberge weitergeht. Eine volle Stelle der Gemeindepädagogik soll beide Äcker miteinander verbinden und neu beleben. Das macht den Abschied für mich leichter und lässt hoffen, dass dieser einzigartige Ort der Begegnung auch in Zukunft Mindens südlicher Altstadt ein warmes Gesicht gibt. Am morgigen Sonntag um 14 Uhr ist meine Verabschiedung – herzliche Einladung!

Andreas Brügmann

Andreas Brügmann

Pfarrer offene Kirche St. Simeonis

Einen kühlen Kopf bewahren

Das Jahr 2025 ist noch relativ jung und doch ist schon so viel passiert, was auch für die gesamten 12 Monate reichen würde. Wie blicken Sie auf die vor uns liegende Zeit? Sind Sie eher ein Pessimist oder ein Optimist? Die Antwort auf diese Frage ist sehr wichtig. Ich werde nie vergessen, wie ich vor Jahrzehnten mit einem Überlebende des Konzentrationslagers Buchenwald gesprochen habe. Ich wollte von ihm wissen, welche Einstellung für das Überleben notwendig wäre. Seine Antwort war sehr merkwürdig: Er meinte, man durfte kein Pessimist sein, weil man dann die Lebenskraft verloren hätte. Man durfte aber auch kein Optimist sein, weil man dann am laufenden Band enttäuscht wäre. Seine Antwort war, man musste ein REALIST sein. Seine Worte erinnerten mich an eine Zusage, die wir in der Heiligen Schrift, im Römerbrief, Kapitel 8, Vers 28 finden:

 

 „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“

 

Nicht wir hoffen, wir würden es uns wünschen, nein, WIR WISSEN. Wir wissen, dass uns, wenn wir in Gemeinschaft mit Gott bleiben, alle Dinge zum Besten dienen, auch die, welche wir uns selbst niemals ausgesucht hätten, auch die, welche uns mit Angst erfüllten. Wir bekennen damit den Glauben, dass alles, was uns widerfährt erstmal die Schranke bei Gott passieren muss, auch wenn wir Vieles nie begreifen werden. Uns wird zugesprochen, dass wir nie ein Spielball in der Hand eines blinden Schicksals sind, sondern uns immer in Gottes Hand geborgen wissen dürfen. Was wir  ausdrücklich nicht wissen, ist was die vor uns liegende Zeit bringen wird. Aber wir brauchen uns nicht mit Pessimismus zu quälen oder blauäugig von einer Enttäuschung zur Andren schreiten. Wir dürfen wie ein kleines Kind alles aus Gottes Hand in Empfang nehmen, denn wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zu Besten dienen. In diesem Sinne: in welche Stürme wir auch möglicherweise geraten sollten, lass uns einen kühlen Kopf bewahren.

Daniel Brüll

Daniel Brüll

Pfarrer, Kirchengemeinde Petershagen

Sag mir, wo sie hin sind …

Der Januar ist zu mehr als der Hälfte rum und wo sind sie hin: all die guten Vorsätze, die wir uns zum Jahreswechsel gemacht haben? Haben wir sie uns gemacht? Oder gleich gesagt: wird ja doch nichts draus! Weil es uns schon oft so gegangen ist, dass der Alltag vieles von dem eingeebnet hat, was an Neujahr noch ganz frisch war.

In den Kirchen gibt es einen speziellen Vor-Satz für ein neues Jahr: die Jahreslosung, ein Bibelvers als Motto für zwölf Monate. Auch dieser Vorsatz wird oft am Jahresanfang bedacht und gerät dann in Vergessenheit.

In diesem Jahr sollte sie aber mindestens bis zum 23. Februar im Gedächtnis bleiben, denn wenn ich nicht genau wüsste, dass dieser Satz schon vor drei Jahren ausgesucht worden ist, dann würde ich denken: den haben sie speziell für das Wahljahr 2025 ausgesucht!

„Prüft alles und behaltet das Gute!“ So schreibt es Paulus vor fast 2000 Jahren nach Saloniki und es klingt wie das Motto für den Wahl-o-mat. Lest euch genau durch, was die Parteien zu diesem oder jenem Thema sagen, und entscheidet euch dann für das gute Angebot.

Was ist gut? Es ist in diesen Zeiten berechtigt zu fragen: Was ist gut für mich? Was bringt mir mehr Lohn, damit ich mir Essen, Wohnung und ein bisschen Urlaub leisten kann? Was ist gut für die Zukunft der Kinder?

Diese Frage weist schon über mich hinaus auf unser Miteinander in Stadt und Land. Wie gehen wir miteinander um? Dazu sagt Paulus ein paar Sätze vorher: „Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte. Jagt vielmehr alle Zeit dem Guten nach, füreinander und für alle.“

Auch in Zeiten von Social Media sollten wir uns die Zeit zum Prüfen nehmen: Was meint er oder sie? Welchen Hintergrund gibt es?, bevor ich drauf haue, weil mir jemand schräg von der Seite kommt. Und das alles in der Hoffnung, dass es das Gute gibt, was ich behalten kann, wenn ich danach suche. Das ist nicht nur ein Vorsatz, sondern eine Zusage für dieses Jahr, für jedes Jahr.

Armin Backer

Armin Backer

Pfarrer der ev.-luth. Kirchengemeinde St. Marien Minden im Pfarrbezirk Marienkirche/Albert-Schweitzer-Haus