Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Es gibt nichts, was es nicht gibt

„Es gibt nichts, was es nicht gibt“, pflegte der erfahrene Hausarzt von gegenüber zu sagen, wenn er von den vielen Jahren in seinem Beruf sprach.

So ist es auch in der Adventszeit. Es gibt nichts, was es nicht gibt, an hohen Erwartungen an die Advents- und Weihnachtszeit, die auch mal enttäuscht werden. An Rissen und Konflikten in Familien, die in der Adventszeit so richtig deutlich werden, wo doch eigentlich alles so schön sein soll. An Traurigkeiten, Sorgen und Krankheiten, die nicht mit der heimeligen Atmosphäre dieser Zeit zusammenpassen wollen. An Termindruck, der in diesem Jahr wieder losgeht, damit man endlich wieder gestresst von Adventsfeier zu Adventsfeier laufen kann.

Ich kann dies nicht mit schönen theologischen Gedanken verändern. Und doch gibt es auch nichts, was es nicht gibt, an Wunderbarem in der Adventszeit. Es gibt die schönen Begegnungen und Gespräche mit Menschen, die ich lange nicht mehr gesehen habe. Es gibt die ansteckende Begeisterung der Kinder in dieser Zeit. Es gibt die Musik, die meiner Seele guttut. Und es gibt eine große Hilfsbereitschaft für andere, die mich erfreut und die mir Hoffnung gibt. Weihnachtspakete oder gestrickte Socken für die Tafeln, Hilfspakete mit warmen Sachen für die Ukraine, Einladungen an Flüchtlinge hier bei uns und vieles mehr. Der Zauber dieser Zeit ist das Wunderbare, das Unerwartete.

Die Bibel sagt das so: Bei Gott ist nichts unmöglich. Das sagt der Engel zu Maria, der ihr die Geburt Jesu ankündigt, im Lukasevangelium im 1. Kapitel. Glaubt an die Wunder Gottes, gebt nicht auf zu hoffen. Vertraut, dass Dinge neu werden können. Einen zauberhaften 4. Advent wünscht Ihnen

Mirjam Philipps

Mirjam Philipps

Pfarrerin, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Windheim

Bereitet dem Herrn den Weg und kehrt um!

Die Botschaft vom dritten Advent ist geprägt von der Verkündigung Johannes des Täufers: „Bereitet dem Herrn den Weg“ und „Kehret um“.

Nun ist es bald soweit, Weihnachten kommt. Die Zeit der Vorbereitung auf das Kommen Jesu in unsere Welt läuft und findet bald ihren Abschluss. Für viele unter uns aber ist jetzt die Zeit der Hektik und des Stresses. Schaffe ich es noch, all die Geschenke einzukaufen, die mir fehlen? Einen Weihnachtsbaum habe ich auch noch nicht, und den Weihnachtsschmuck muss ich auch noch aus dem Keller holen. Wann soll ich das denn noch alles machen?
Nicht Vorbereitung und Freude erfüllt mein Herz, sondern Unruhe und Ungeduld.
Die Nachrichten aus aller Welt rauben mir zudem Kraft und Hoffnung. Wo soll das denn alles noch hingehen? Eine große Sehnsucht nach Ruhe und Frieden erfüllt mich.

„Bereitet dem Herrn den Weg, denn siehe, der Herr kommt gewaltig.“, so heißt es im Wochenspruch zum 3. Adventssonntag (Jesaja 40,3.10). Aber wie soll das gehen? 
Was kann ich mit meiner kleinen Kraft bewirken?

Johannes der Täufer greift die Worte Jesajas auf und ergänzt sie um eine Aufforderung: „Kehrt um!“ Lasst all das los, was euch von Gott trennt. Klärt eure Prioritäten, denn so geht es nicht mehr weiter. Öffnet euch der Botschaft Gottes und habt keine Angst vor dem Versagen. Gott kennt euch und weiß um eure Schwächen. Gott will in euer Herz kommen.
Deshalb heißt es im Wochenlied EG 16,1+5:

  1. Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern!
    So sei nun Lob gesungen dem hellen Morgenstern!
    Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein.
    Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein.
  2. Gott will im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt.
    Als wollte er belohnen, so richtet er die Welt.
    Der sich den Erdkreis baute, der läßt den Sünder nicht.
    Wer hier dem Sohn vertraute, kommt dort aus dem Gericht.

Gott selber kommt in dein Herz und er will es mit dem Licht seiner Liebe erfüllen.
Lass Gott ein.
Amen.

Thomas Pfuhl

Thomas Pfuhl

Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St.-Martini (Erlöserkirche)

Mein liebstes Adventslied

Mein liebstes Adventslied ist „O Heiland, reiß die Himmel auf“. Es geht so weiter: „Herab, herab vom Himmel lauf, reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloss und Riegel für.“ Ein Lied mit richtig Wumms!

Gedichtet wurde es im Dreißigjährigen Krieg. Im Hintergrund steht ein Text des Propheten Jesaja: „Herr, warum lässt du uns abirren von deinen Wegen? Warum ist unser Herz so hart? Ach, dass du den Himmel zerrissest und führest herab, dass vor dir die Berge zerflössen…“

Das ist ein Klagelied Israels aus trostloser Zeit. Da ist unerträgliche Funkstille zwischen Gott und Israel. Das ist nicht auszuhalten. „Aber du bist doch unser Vater!“ schreit Israel ihm entgegen. „Antworte!“

Wer so redet, der glaubt an die leidenschaftliche Liebe Gottes. Wer so redet, sieht Gott weinen aus enttäuschter Liebe. Hier kommt Hoffnung ganz anders zur Sprache. Ungeschützter, mit der bedrohlichen Möglichkeit, dass es auch anders sein kann. Befremdliche Worte im Advent mit Kerzenlicht und Weihnachtsmärkten und Tannengrün. Ich meine das nicht spöttisch; es ist eine schöne Zeit im Advent. Umso befremdlicher diese Worte. Auf welchen Gott warten wir, wenn wir überhaupt auf ihn warten? Was wäre, wenn der Himmel über dem Mindener Land aufrisse und der Wiehen zerflösse? Seltsamer Gedanke? Ach nein, jetzt nicht…? In keiner anderen Zeit ist der Wunsch nach Besinnlichkeit, Glück und Frieden größer. Ahnen wir, dass wir einen großen Teil unseres Lebens besinnungslos vertun? Machen, rackern, die Erfahrung von Streit und Neid, von Schmerz und Ohnmacht. Das ist unsere Welt, in der Gott nicht mehr vorkommt. Die ihm vielleicht auch keinen Platz mehr zubilligt. Der Advent ist nicht niedlich, sondern höchst sperrig – und doch voller Zuversicht: Wenn ihr nichts habt als eure Not, ihr nichts spürt als Verlassenheit, wenn ihr glaubt, Gott habe sich verabschiedet – dann schreit nach ihm, erinnert ihm seine Versprechen, hartnäckig und mit Wumms!

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Zeit im Advent.

PS: Das Lied steht unter Nr. 7 im Evangelischen Gesangbuch.

Dieter Maletz

Dieter Maletz

Pfarrer, Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Oberlübbe