Wort zum Sonntag

Das „Wort zum Sonntag“ von Pfarrerinnen und Pfarrern aus dem Mindener Land gibt es in der Samstagsausgabe des Mindener Tagesblatts – und darüber hinaus auch hier.

Verdrängen, Beten und Helfen

Ein prima Kollege am Berufskolleg bringt unser kleines Gespräch auf dem Schulflur auf den Punkt: „Eigentlich verdränge ich gerade drei Probleme. Corona, den Krieg und die Klimafrage.“ Währenddessen geht es in den Kirchengemeinden in der Passionszeit vor allem immer um das Leiden Jesu. Und zugleich um das Leid in unserer Welt heute.
In unserem Martin-Luther-Haus beten wir seit Wochen ein intensives Gebet für die Opfer des russischen, von Putin zu verantwortenden Angriffs auf die Ukraine. Wir beten dann für Menschen in der Ukraine und die Geflüchteten, aber auch für die Menschen in Russland und Weißrussland – und unsere eigenen Sorgen und Ängste hier im Mindener Land. Gottesdienste bringen uns und die Not der Welt zur Sprache. Gerade mit der Botschaft des Karfreitags und des Ostermorgens. Leid und Tod behalten nicht das letzte Wort. Also funktioniert das mit der bloßen Ablenkung in den Kirchen nicht wirklich. So ein bisschen Sport, Spiel, Geschäft und Alltag wie immer, das kann in Zeiten von Corona, Krieg und Klimafrage manchmal tatsächlich ganz hilfreich sein.
Doch die Passionszeit, erst recht die Karwoche, geht den anderen Weg. Jesus heilte Menschen, teilte Brot, richtete Frauen, Männer, Junge und Alte auf, wies den Weg zum Frieden. Aber dann geht der Gewaltlose den Weg ins Leid. Heißt doch: Die Christenleute vertrauen keinem Gott jenseits der Wolken oder Stratosphäre, sondern einem zugewandten Gott. Der in Glück und Leid auf der Seite von uns Menschen ist. Deshalb kann es auch keine Kumpanei der Christenleute mit denen geben, die Leid und Tod über andere Menschen bringen, um dann nicht einmal das Wort „Krieg“ zu erlauben.
Christoph Blumhardt (der Jüngere) hat einmal gesagt: „Wir sind Protestleute gegen den Tod.“
Wer gerade jetzt hilft, wie die Leiterin unserer Kleiderkammer oder mitdenkt wie die Schülervertretung an unserem Berufskolleg, der oder die hilft ja nicht nur anderen, sondern auch sich selbst aus diesem elenden Beklemmungs- und Hilflosigkeitsgefühl ein Stück weit heraus. Vielleicht tut uns Verdrängungskünstlerinnen und -künstlern die Botschaft von Kreuz und Auferstehung ja doch gut.

Dr. Jörg Bade

Dr. Jörg Bade

Religionspädagoge am Leo-Sympher-Berufskolleg, Minden

Gott ist da!

Seit Oktober des letzten Jahres konnten wir in unserer Kirchengemeinde 10 Taufen feiern. Das ist jedes Mal ein besonderes Erlebnis. Ich freue mich, dass Eltern, Patinnen und Paten und auch Jugendliche sich für die Taufe entscheiden. Alle Getauften bekommen auch ein Paar kleine Schühchen geschenkt, von einer Frau gehandarbeitet. Sie sind ein symbolisches Zeichen, dass wir nicht alleine auf dem Lebensweg sind, sondern von Gott begleitet. Er geht den Weg des Lebens mit.  

Das wird in einer biblischen Geschichte aus dem 2. Buch Mose Kapitel 3 deutlich, wo Gott auf Moses Frage seinen Namen nennt: „Ich bin der Ich-bin-da“. Dieser Name macht deutlich, wie Gott ist. Er ist immer da, begleitet uns auf den Wegstrecken des Lebens, auf denen, die wir leicht bewältigen, und auf denen, die schwer für uns sind. Die Corona-Pandemie ist nur ein Beispiel. Der Krieg gegen die Ukraine ein anderes. Beides löst Sorgen und Ängste aus. Da tut die Zusage des Namens Gottes gut: Ich-bin-da. Gott ist bei uns, für uns da, will die Sorgen und Ängste mit uns tragen. In einem Liedtext wird das so ausgedrückt: „Gott wird auch unsre Wege gehn, uns durch das Leben tragen.“

In einem Monat gehe ich nach 30 Jahren als Pfarrerin der Ev. Kirchengemeinde Barkhausen in den Ruhestand. Ich wünsche mir und uns allen, dass wir spüren, dass Gott unsere Wege mitgeht und uns im Schweren durch das Leben trägt. Der Glaube an Gott, dessen Name das deutlich macht, kann uns Halt geben. In das Ungewisse unserer Zukunft spricht Gott: Ich bin da. Und das brauchen wir gerade in diesen Zeiten.

Und wir können durch unser Handeln dazu beitragen, dass auch andere Menschen spüren, Gott geht mit, begleitet uns auf unseren Wegen, lässt uns im Schweren nicht allein, gibt Kraft. Das mögen auch die Geflüchteten aus der Ukraine erfahren, auch durch uns. Setzen wir uns für den Frieden ein, beten dafür, nehmen Anteil an dem Schicksal der Geflüchteten, helfen ihnen. Dazu gebe Gott uns Mut und Kraft.  

Dorothea Hüffmann

Dorothea Hüffmann

Pfarrerin in der Ev. Kirchengemeinde Barkhausen

Sieben Wochen ohne Wut – eine Utopie?

Millionen Menschen beschließen jährlich unter dem Motto „7 Wochen Ohne“, der Fastenaktion der evangelischen Kirche, bis Ostern eine Zeitlang auf Gewohntes zu verzichten.
Für manche heißt das: kein Alkohol, kein Nikotin, kein Fleisch, keine Schokolade oder andere Süßigkeiten. Manche verzichten aufs Fernsehen, ganz Mutige fasten Autofahren oder die sozialen Medien.
Wie wäre es, wenn ich in diesem Jahr besonders auf meine Gedanken achte und auf Klatsch und Tratsch, spitze Bemerkungen und zweideutige Kommentare bewusst verzichten würde?
Es ist so einfach und so leicht, sich über diejenigen zu erheben, die falsch informiert sind, es einfach nicht verstehen, leichtgläubig sind, die eben so ganz anders sind als ich.
In unserer leicht zu erregenden Welt gibt es immer jemanden, der mir einen Grund bietet, mich über ihn oder sie aufzuregen.
In den wöchentlichen Friedensgebeten beten wir miteinander das Vaterunser. Dort heißt es „…und vergib uns unsere Schuld, genauso wie wir denen vergeben, die an uns schuldig geworden sind“.
Hier zeigt Jesus Christus den Ausweg aus der Streitspirale: Ich fange an und steige von meinem Sockel der Überheblichkeit herab und entschuldige mich, wenn ich mich im Ton vergriffen habe und bitte Gott und Menschen um Verzeihung.
Ist es einfach? Nein!
Im Kirchenjahr nehmen wir uns die Zeit vor Karfreitag, um uns anzuschauen, wie Jesus Christus mit dem Hass, den Schmähungen und der Gewalt umgegangen ist. Wir halten an Karfreitag inne, um daran zu denken, wie groß die Leiden waren, die Jesus auf sich genommen hat und wie groß die Liebe sein muss, so etwas durchzustehen. Zu Ostern feiern wir die Auferstehung Jesu, den Sieg der Liebe, die Möglichkeit, dem Hass etwas entgegenzusetzen.
Ist das eine Utopie, also eine Vorstellung, die schon in Gedanken existiert, aber noch keine Realität ist?
Ich weiß mich von Gott geliebt und hole mir dort meine Kraft, und doch ist es meine Herausforderung an jedem Tag: Der Liebe mehr Raum zu geben, dem anderen Gutes zu unterstellen und nicht vom Schlimmsten auszugehen. So versuche ich als Ostermensch zu leben.
Ich wünsche es Ihnen und mir, dass wir es schaffen, Liebe und Versöhnung Raum zu geben.

Olaf Mohring

Olaf Mohring

Pastor der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde Minden