Minden. Ein ganz besonderes Konzert ist am Sonntag, 30. Juni, um 15.30 Uhr in der St.-Marien-Kirche zu erleben. Kreiskantor Nils Fricke gibt dann sein „Orgelkonzert im Rahmen der Künstlerischen Reifeprüfung“, d. h. er schließt damit sein Aufbaustudium an der Hochschule für Kirchenmusik Herford-Witten in der Orgelklasse von Mona Hartmann ab.

Fricke wurde in Goslar geboren und erhielt dort bei Propsteikantor Gerald de Vries seinen ersten Unterricht an der Schuke-Späth-Orgel. In Goslar war Fricke für den Auf- und Ausbau verschiedener Gruppen mitverantwortlich.

Das Studium “Evangelische Kirchenmusik klassisch” schloss er an der Hochschule für Kirchenmusik Herford-Witten mit dem Master ab (A-Examen; Künstlerisches Orgelspiel: KMD Wolfgang Lüschen; Liturgisches Orgelspiel: Prof. Christiane Michel-Ostertun; Chorleitung: Prof. Hildebrand Haake).

Derzeit absolviert er die künstlerische Reifeprüfung im Fach Orgelliteraturspiel in der Klasse von Mona Hartmann (geb. Rozdestvenskyte). Abgerundet werden seine Studien durch die Teilnahme an diversen Meisterkursen (u. a. bei Prof. Dr. Matthias Schneider – Greifswald, Prof. Dr. Harald Vogel – Bremen, Olivier Latry – Paris).

Von 2015 bis 2019 war er Kirchenmusiker in den Kirchengemeinden Dünne und Philippus in Bünde; dort leitete er den Posaunenchor sowie den Chor und war als Organist tätig.

Seit 2019 leitet er die Kantorei der Christuskirche Todtenhausen / Kutenhausen und ist zudem Kreiskantor des Evangelischen Kirchenkreises Minden. Darüber hinaus versieht er seit Oktober 2023 einen zusätzlichen Dienstauftrag an der Ratskirche St. Martini zu Minden und ist für die Arbeit der dortigen musikalischen Ensembles verantwortlich.

In seinem Abschlusskonzert bringt Fricke folgende Stücke zu Gehör:

Matthias Weckmann (1621 – 1674)

Komm, heiliger Geist, Herre Gott

  1. Versus
  2. Versus auff 2 Clavir
  3. Versus à 3

Johann Sebastian Bach (1685 – 1750)

Sonata in d, BWV 527

Franz Liszt (1811 – 1886)

Präludium und Fuge über B-A-C-H

Olivier Messiaen (1908 – 1992)

  1. Alléluias sereins d’une âme qui désire le ciel

aus L’Ascension

Louis Vierne (1870 – 1937)

  1. Allegro Maestoso
  2. Adagio
  3. Final

aus 3éme Symphonie, op. 28

Matthias Weckmann (1621 – 1674) gehört zu den bedeutendsten Vertretern der norddeutschen Orgelmusik. Er war Organist an der Schloßkirche in Dresden und an der Hauptkirche St. Jakobi in Hamburg. Mit seinen Choralbearbeitungen vermittelt er zwischen den frühen norddeutschen Komponisten wie Jacob Praetorius oder Heinrich Scheidemann und den Vertretern der zweiten Jahrhunderthälfte wie Dieterich Buxtehude. Weckmann führt mit seinen neun überlieferten Choralzyklen sowohl die Formen der norddeutschen Choralfantasie als auch die traditionellen Cantus-firmus-Techniken (z.B. aus der Tabulatura Nova von Scheidt) weiter. In der Bearbeitung über den Choral „Komm heiliger Geist, Herre Gott“ zeigt er u.a. einen kolorierten Cantus firmus sowie einen Bass-Cantus-firmus mit umspielenden Oberstimmen.

Johann Sebastian Bachs (1685 – 1750) Triosonaten zeichnen sich durch ihre kammermusikalische Kompositionsweise aus. Die Bezeichnung Triosonate bedeutet, dass die beiden Manuale und das Pedal unabhängig und rein einstimmig geführt sind. Entstanden sind die sechs Sonaten in der Zeit von 1727 bis 1732, möglicherweise als Unterrichtsmaterial für seinen ältesten Sohn Wilhelm Friedemann. Die drei Sätze der Sonata in d stehen unter den Bezeichnungen Andante, Adagio e dolce und Vivace. Bach verwendete den zweiten Satz später als Mittelsatz für sein Tripelkonzert (BWV 1044) und fügte dazu eine vierte Stimme hinzu. Unabhängig davon bearbeitete Wolfgang Amadeus Mozart später den gleichen Satz für Streichtrio.

Franz Liszt (1811 – 1886) komponierte sein Präludium und Fuge über B-A-C-H ursprünglich im Jahre 1855 für die Einweihung der überarbeiteten Ladegast-Orgel im Merseburger Dom, es wurde aber erst im folgenden Jahr uraufgeführt. Nach einer Revision gab Liszt 1870 eine zweite Version heraus und bearbeitete beide auch für Klavier. Das Stück ist Alexander Winterberger gewidmet, der auch bei der Uraufführung die Orgel spielte.

Der zweite Satz Alléluias sereins d’une âme qui désire le ciel (deutsch: „Fröhliches Halleluja einer Seele, die nach dem Himmel verlangt“) aus der Komposition L’Ascension (deutsch: „Die Himmelfahrt“) steht noch am Beginn der Ausprägung von Olivier Messiaens (1908 – 1992) charakteristischem Personalstil und ist als „Jugendwerk“ eingeordnet worden. Hierin finden sich zwar schon Messiaens Modi mit beschränkter Transponierbarkeit und die für Messiaen typischen Rhythmen, es bleibt aber noch die traditionelle Tonartvorzeichnung.

Die 3éme Symphonie hat Louis Vierne (1870 – 1937) im Jahre 1911 komponiert und 1912 uraufgeführt. Das Werk entstand in einer für Vierne schweren Zeit; kurz vorher verstarb seine Mutter, vier Tage danach sein Mentor und Freund Alexandre Guilmant. Insgesamt hat Vierne sechs Orgelsymphonien veröffentlicht und setzte damit die glanzvolle Tradition dieser Gattung fort. Die 3éme Symphonie wird von vielen als seine architektonisch gelungenste Orgelsymphonie bezeichnet.