Die Synode des Ev. Kirchenkreises Minden ist tief betroffen und entsetzt über den Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel und den dadurch ausgelösten Krieg im Nahen Osten. Zuallererst spricht die Synode der Jüdischen Kultusgemeinde Minden und allen Jüdinnen und Juden in unserem Land, in Israel und weltweit unsere aufrichtige Anteilnahme aus. Wir beten für die Opfer, für die Verletzten und für die Verschleppten und auch für alle Angehörigen und Freunde/innen, die jetzt in Trauer um die Verstorbenen oder in banger Sorge um die Verletzten und Vermissten sind. Wir beten für die Menschen in Israel und für alle Opfer von Gewalt, und wir beten um einen sicheren und gerechten Frieden für Israel und für alle Menschen im Nahen Osten.
Am 07. Oktober 2023 überfiel die Hamas den Staat Israel. In unvorstellbarer Brutalität wurden unschuldige Menschen ermordet, verschleppt oder verletzt. Diese Gräueltaten wurden teilweise gefilmt und ins Netz gestellt. Seitdem sind tausende Raketen von der Hamas auf zivile Ziele in Israel abgefeuert worden. Menschen wurden und werden noch immer umgebracht, nur weil sie Jüdinnen oder Juden oder israelische Staatsangehörige sind oder sich zufällig gerade in Israel aufhalten. Ziel dieses unmenschlichen Angriffs ist die Verunsicherung und schließlich die Zerstörung des Staates Israels und die Vernichtung allen jüdischen Lebens, wozu die Hamas am 12.10.2023 weltweit aufgerufen hat. Der Terror der Hamas ist durch nichts zu relativieren oder gar zu legitimieren, auch nicht durch die Geschichte des Nahostkonfliktes. Diese Gewalt ist kein „Befreiungskampf“, sondern blanker Terror und als eben solcher von der Hamas auch gewollt. Außerdem wird Israel von vereinzelten Angriffen der Hisbollah-Miliz aus dem Libanon angegriffen. Es besteht die Gefahr eines Flächenbrandes, bei dem weitere arabische Staaten Israel den Krieg erklären könnten. Dies ist das strategische Ziel, das die Hamas mit ihrem Terrorangriff verfolgt, um die Annäherung Israels zu arabischen Staaten zu unterbinden und den Staat Israel zu vernichten.
Israel reagiert auf den Angriff mit kaum vorstellbarer militärischer Gewalt, die wiederum viel Leid und Tod auch über viele unschuldige Menschen insbesondere im Gaza-Streifen zur Folge hat. Israel führt einen Verteidigungskrieg, in dem die Vermeidung ziviler Opfer zwar geboten aber nur schwer umsetzbar ist – auch weil die Hamas Opfer in der eigenen Zivilbevölkerung ganz bewusst einplant, um den Druck auf Israel zu erhöhen. Nichtsdestotrotz muss auch Israel in seinem Verteidigungskampf das Völkerrecht einhalten.
Ausgelöst durch diesen Krieg werden inzwischen vermehrt Judenhass und Antisemitismus auf deutschen Straßen und in Sozialen Medien im Netz verbreitet. Parolen wie „Free Palestine“ oder „Befreiung vom Fluss bis zum Meer“ – also vom Jordan bis zum Mittelmeer – fordern die Vernichtung des Staates Israel, dem das Existenzrecht abgesprochen wird, auch wenn dies vermutlich nicht allen, die solche Parolen teilen, bewusst sein mag. Wer das Existenzrecht des Staates Israel infrage stellt, gefährdet auch die Sicherheit für Jüdinnen und Juden in Deutschland. Wir sind in tiefer Sorge um das Wohlergehen der jüdischen Mitmenschen in Deutschland, auch bei uns in Minden und im Minderer Land. Die Nachrichten von jubelnden Unterstützern/innen der palästinensischen Terrororganisationen aus Berlin, Duisburg, Essen und anderen deutschen Städten sind für uns unerträglich. Wir sind entsetzt darüber, dass Mitbürger/innen in unserer Mitte Angst haben, als Juden oder Jüdinnen erkannt zu werden, weil ihre Sicherheit bedroht wird durch Parolen und Schmierereien, durch Hetze und Hass in Chatrooms und anderswo. Antisemitismus und Judenhass sind konsequent zu bekämpfen und dürfen in keiner Weise diskutiert werden.
Das Existenzrecht des Staates Israel ist für die Synode des Ev. Kirchenkreises Minden nicht verhandelbar. Er wurde 1948 gegründet, damit Jüdinnen und Juden in Sicherheit leben können. Wir sind zwar nicht verantwortlich für die Taten und für die Unterlassungen unserer Eltern, Groß- und Urgroßeltern in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Aus der Shoah ergibt sich für uns aber eine besondere Verantwortung für die Sicherheit jüdischer Menschen in Deutschland und überall auf der Welt, insbesondere im Staat Israel. Diese Sicherheit ist nicht nur deutsche Staatsräson, sondern auch Ausdruck und Verpflichtung unseres christlichen Glaubens und Selbstverständnisses und ist für uns grundgelegt in der Heiligen Schrift (vgl. Römer 9-11; Sacharja 2,12.14f) und in der Kirchenordnung der Ev. Kirche v. Westfalen (vgl. KO 1.2). Wer
Israel angreift, greift auch die Kirche an. Wer jüdische Menschen angreift, greift auch uns Christen/innen an. Die Synode wünscht allen Menschen Frieden. Aber wir sind und bleiben als Christen/innen mit Israel in besonderer Weise verbunden. Für uns gilt: „Wünscht Jerusalem Glück! Es möge wohlgehen denen, die dich lieben! Es möge Friede sein in deinen Mauern!“ (Ps 122,6f). Darum steht die Synode gerade in der aktuellen Krise an der Seite Israels. Gleichzeitig bleiben wir verbunden auch mit den christlichen Gemeinden und Geschwistern in Israel und Palästina und im ganzen Nahen Osten. Wir sind ferner verbunden mit den muslimischen Menschen im GazaStreifen, in der Westbank und im Nahen Osten, die sich nach Frieden für alle Menschen sehnen. Die Hamas steht keineswegs für alle Palästinenser/innen oder für alle Muslimen oder Muslima im Nahen Osten oder in Deutschland. Vielmehr steht ihr Terror im Widerspruch zu den Grundüberzeugungen des Islam. Wir verurteilen alle Versuche der AfD und anderer rechtsextremer Gruppen in Deutschland, den aktuellen Krieg im Nahen Osten dazu auszunutzen, pauschal gegen Mitbürger/innen muslimischer Prägung zu hetzen. Wir widerstehen jedem Hass, aller Hetze und Menschenverachtung. Wir beten und arbeiten für Frieden und rufen alle Menschen guten Willens auf, sich mit uns für Frieden und Verständigung zwischen den Völkern, Nationen, Religionen und Kulturen einzusetzen.
Mit Psalm 125,5 beten wir für „Schalom al Israel!“ („Friede über Israel“) und teilen unsere Hoffnung mit Israel, dass Gott sein Wort aus Psalm 126 bald wahr machen und die „Gefangenen Zions“ zurückbringen wird, auf dass „unser Mund voll Lachens und unsere Zunge voll Rühmens“ werde und auch wir „unter den Völkern sagen“ werden: „Der Herr hat Großes an ihnen getan!“ Mögen alle Menschen, die jetzt noch „mit Tränen säen“ bald schon mit „Freunden ernten“: einen sicheren und gerechten Frieden in Israel und Palästina!
Wir empfehlen die Lektüre der aktuellen Orientierungshilfe der Ev. Kirche v. Westfalen: „Der Terrorangriff der Hamas auf Israel. Der Krieg im Nahen Osten und die Folgen. Eine Orientierungshilfe für die Kirchengemeinden in der Evangelischen Kirche von Westfalen“ vom 15. November 2023 unter www.oikosinstitut.de/angebot/krieg-in-nahost