Minden. Mit einem Tag der offenen Tür hat jetzt der Evangelische Kirchenkreis Minden offiziell seine zentrale Anlaufstelle für Geflüchtete eingeweiht: den „Fluchtpunkt Martinihaus“.
„Der Fluchtpunkt besteht zwar bereits seit Mai, aber es waren einige Umbaumaßnahmen nötig, die nun abgeschlossen sind“, erklärte Oliver Roth, der Leiter des Teams Flüchtlingsberatung. Unter anderem hätten Auflagen des Brandschutzes erfüllt werden müssen; das sei der Grund dafür, warum das Haus in seiner neuen Funktion nicht schon früher präsentiert werden konnte.
Zahlreiche Interessierte folgten der Einladung ins Martinihaus und verschafften sich einen Eindruck von der Arbeit, die hier geleistet wird. Beim Empfang um die Mittagszeit würdigten Cornelia Schöder als stellvertretende Landrätin und Ulrieke Schulze als stellvertretende Bürgermeisterin in ihren Grußworten das stetig wachsende Angebot im Fluchtpunkt Martinihaus. Anschließend gab zunächst Superintendent Michael Mertins, dann Oliver Roth einen Überblick über die Entwicklung der zentralen Anlaufstelle bis jetzt. Beide dankten herzlich den vielen ehrenamtlichen Helfer*innen, den großzügigen Spender*innen und den beteiligten hauptamtlichen Kräften.
Allen Grußworten gemeinsam war die Freude und Dankbarkeit darüber, dass im Martinihaus auch Geflüchtete die Angebote aktiv mit gestalten. Eine von ihnen, Amany Fiddah aus Syrien, kann das sogar seit 1. September auf einer befristeten Teilzeitstelle hauptamtlich tun – möglich gemacht wird das durch eine Förderung aus dem Ukraine-Hilfe-Fonds der Diakonie Katastrophenhilfe. Andere bringen sich ehrenamtlich ein wie Olena Tobver und ihre Tochter Vladislava, die in Kiew eine Ballettschule geleitet haben und nun in Minden Ballettkurse für Geflüchtete durchführen. Ein weiteres Beispiel ist die klinische Psychologin Kateryna Kalinichenko, die im Martinihaus psychologische Hilfen für Ukrainer*innen anbietet.
Auf Führungen durch das Martinihaus lernten anschließend die Gäste die Räume kennen, in denen Deutschunterricht und Kinderbetreuung stattfinden, das Büro des Teams Flüchtlingsberatung, den Besprechungsraum und die kleine Spenden-Sammelstelle.
Am Nachmittag folgte eine Podiumsdiskussion zur Ukraine-Krise aus kirchlicher Sicht. Auf dem Podium saßen Superintendent Michael Mertins und die Pfarrer*innen Oliver Vogelsmeier, Heinrich Meier, Katja Reichling, Inga Troue sowie Christoph Ruffer als Moderator. Meier, Vogelmeier und Troue berichteten aus ihren Erfahrungen seit Ausbruch des Krieges aus den Blickwinkeln der Schulseelsorge, Klinikseelsorge und Militärseelsorge. Reichling und Mertins beleuchteten den Krieg aus theologischer Sicht. Darf oder muss der Westen der Ukraine Waffen liefern, sollten Kirchenvertreter*innen mit dem Patriarchen von Moskau sprechen oder nicht? Wie könnten Frieden und Gerechtigkeit wiederhergestellt werden und welche Form der Versöhnung ist überhaupt unter den gegebenen Umständen denkbar?
Der Tag der offenen Tür endete mit einem Friedensgebet in der St.-Martini-Kirche, das zugleich der Auftakt war für eine neue Reihe von Friedensgebeten. In den Sommermonaten hatten die Friedensgebete pausiert; nun werden sie wieder aufgenommen, allerdings nicht mehr wöchentlich samstags, sondern anlassbezogen. Geplant sind Friedensgebete jeweils freitags um 17.30 Uhr in St. Martini vor dem Tag der Deutschen Einheit, vor dem Volkstrauertag und vor dem 1. Advent (30. September, 11. November, 2. Dezember).